Geheimnisvoll gefaltet, violett und wie ein Auge
atmet es, demütig kauernd im Schaum
feucht noch von Liebe, die sachte dem Flaum
folgt, den weißen Backen bis zur Lauge.
Fäden, milchig weiße Tränen, vergossen
im grausamen Südwind, der manchen
mitten in dunkelrote Klümpchen
zurückwirft, wohin die Schwerkraft ihn beschlossen.
Oft paarte sich mein Mund mit diesem Exitus.
Meine Seele, eifersüchtig auf den materiellen Koitus,
errichtete dort ihre eingerostete Tränendrüse und ihr Heulsusennest
Das ist die ohnmächtige Olive und die zärtliche Flöte
Das ist das Rohr, aus dem die göttliche Praline strömte,
weibisches Kanaan, von Feuchtigkeiten eingenässt.
Geheimnisvoll gefaltet, violett und wie ein Auge
atmet es, demütig kauernd im Schaum
feucht noch von Liebe, die sachte dem Flaum
folgt, den weißen Backen bis zur Lauge.
Fäden, milchig weiße Tränen, vergossen
im grausamen Südwind, der manchen
mitten in dunkelrote Klümpchen
zurückwirft, wohin die Schwerkraft ihn beschlossen.
Oft paarte sich mein Mund mit diesem Exitus.
Meine Seele, eifersüchtig auf den materiellen Koitus,
errichtete dort ihre eingerostete Tränendrüse und ihr Heulsusennest
Das ist die ohnmächtige Olive und die zärtliche Flöte
Das ist das Rohr, aus dem die göttliche Praline strömte,
weibisches Kanaan, von Feuchtigkeiten eingenässt.
Es lebe der Absumpf!
Im Café du Theatre Bobino, einem Künstlertreff der Parnassiens in Paris.
Albert Mérat liest aus seinem Gedichtsband "L'Idole".
Man trinkt Absinth und Rimbaud liegt auf den Stühlen
und kommentiert jeden Vers mit "Scheiße!"
oder gibt obszöne Stöhnlaute von sich.
Die Anwesenden überhören zunächst geflissentlich den Kommentar,
der jedoch immer lauter wird.
Lediglich André Gill, der abseits sitzt, amüsiert sich.
- Kannst du nicht mal deinen Mund halten? Du störst!
- Wenn du nicht augenblicklich dein Maul hältst, fängst du eine, du Provinzarsch.
- Schmeiß den doch mal endlich jemand raus.
Rimbaud
Geh doch scheißen, Alter.
- Vorsicht, letzte Warnung.
- He, komm ruhig, lass doch das Arschloch.
- Wenn er nicht zuhören will, dann soll er gefälligst den Saal verlassen.
Mérat
Dürfte ich einen Moment um ihre Aufmerksamkeit bitten! Bitte!
Wenn meine Gedichte so wenig Anklang bei diesem jungen Herrn finden,
vielleicht möchte er uns einmal eines seiner eigenen Werke vortragen,
um uns einen Einblick in die höheren Weihen der Poesie zu ermöglichen.
Allgemeines Gelächter.
Rimbaud
Okay, ihr Silbenpupser.
Hören Sie jetzt passender Weise das Sonett vom Arschloch.
Los, Verlaine, fang an!
Verlaine und er rappen ihr "Sonnet du Trou du Cul" vor.
Verlaine
Geheimnisvoll gefaltet, violett und wie ein Auge
atmet es, demütig kauernd im Schaum
feucht noch von Liebe, die sachte dem Flaum
folgt, den weißen Backen bis zur Lauge.
Fäden, milchig weiße Tränen, vergossen
im grausamen Südwind, der manchen
mitten in dunkelrote Klümpchen
zurückwirft, wohin die Schwerkraft ihn beschlossen.
Rimbaud
Oft paarte sich mein Mund mit diesem Exitus.
Meine Seele, eifersüchtig auf den materiellen Koitus,
errichtete dort ihre eingerostete Tränendrüse und ihr Heulsusennest
Das ist die ohnmächtige Olive und die zärtliche Flöte
Das ist das Rohr, aus dem die göttliche Praline strömte,
weibisches Kanaan, von Feuchtigkeiten eingenässt.
Es kommt zu einen Tumult und zu Beschimpfungen,
schließlich zu einer Schlägerei und die beiden werden aus der Kneipe geprügelt.
- Das ist ein Skandal!
- Schmeißt sie raus! etc.
Rimbaud (sich widersetzend)
Lasst mich los, ihr Wichser! Absumpf! Es lebe der Absumpf!
Draußen. Rimbaud hat eine blutige Lippe. Verlaine reicht ihm ein Taschentuch.
Verlaine
Wer sich hier prügelt, den erwischt’s!
Rimbaud
Lass uns anderswo noch einen trinken, Paul!
13 Our house of love
Rimbaud und Verlaine betreten sturzbetrunken das Zimmer von Rimbaud.
Sie stützen sich gegenseitig und krakeelen.
Rimbaud
Pst, rate mal, was ich unterm Bett habe?
Verlaine
Keine Ahnung. Vielleicht Leichenteile in Aspique?
Rimbaud
Quatsch.
Er sucht umständlich unterm Bett und holt schließlich eine angebrochene Flasche hervor.
Rimbaud
Eine fast volle Flasche Absumpf, atomar, was?
Verlaine
Atomar.
Rimbaud
Setz’ dich doch.
Verlaine setzt sich auf das Bett.
Rimbaud
Cheers!
Sie trinken.
Rimbaud
Mit Absumpf im Magen, kann man Raumschiffe fahren!
Sie lachen.
Verlaine
Absumpf im Bett ist auch ganz nett!
Rimbaud
Wie schade, dass du keine Frau bist.
Verlaine
Wieso das?
Rimbaud
Ach, nur so, ich weiß auch nicht, es kam mir so in den Sinn. Absumpf ist Trumpf!
Rimbaud nimmt einen Schluck aus der Flasche, Verlaine legt die Arme um seine Hüften.
Während Rimbaud rezitiert, beginnt er ihn auszukleiden und seine Brust zu küssen.
Nichtsnutzige Jugend,
Allem ausgeliefert,
Mit Leichtigkeit
habe ich mein Leben verloren.
Ach käme doch die Zeit,
in der die Herzen entflammen!
Verlaine
Wie schön du bist! Wie ein sibirischer Tiger mit dem Gesicht eines verbannten Engel.
Rimbaud (lacht und streicht ihm über das Haar)
Und wie hässlich du bist.
Verlaine
Was, du findest mich hässlich!
Rimbaud
Ja, du bist total hässlich, dein verfaltetes Gesicht, dein stinkender Bart, total hässlich,
du siehst aus wie Jesus Christus nach drei Gangbangs. Aber ich liebe dich.
Sie küssen sich.
Verlaine
O Arthur, wie liebe ich dich.
Rimbaud
Ich habe das Gefühl, dass ich mich sehr alt mache, sehr schnell.
Verlaine
Das wäre schade.
Rimbaud
Hör zu Paul, ich muss vorher etwas klären, ich ficke nur, einverstanden?
Verlaine
Mach mit mir was du willst.
Rimbaud
Du bist bescheuert, Paul. Komm, zieh dich aus.
Verlaine
Oh, wie ich dich liebe.
...
Rimbaud und Verlaine liegen rauchend im Bett.
Rimbaud
Hattest du eigentlich schon vor mir etwas mit Männern?
Verlaine
Hm.
Rimbaud
Und, wie war's?
Verlaine
Geht so.
Rimbaud
Wie, was, erzähl schon!
Verlaine
Wieso willst du das wissen?
Rimbaud
Es interessiert mich halt.
Verlaine
Also gut, wenn du es unbedingt wissen willst.
Ich war ein paar mal mit Strichern auf die öffentlichen Toiletten gegangen.
Rimbaud
Und dann?
Verlaine
Und dann? Und dann habe ich ihnen einen runtergeholt oder einen geblasen,
je nach dem halt, wie viel Geld sie verlangten, es war aber nicht sonderlich aufregend.
Rimbaud
Und bei mir? Wie gefällt es dir mit mir?
Verlaine
Mit dir? Dich, dich liebe ich, du kleiner Mistkerl!
Sie küssen sich.
Verlaine
Und du?
Rimbaud
Wie und ich?
Verlaine
Hattest du schon zuvor Erfahrungen mit Männern?
Rimbaud (versteinert)
Nein.
Er nimmt einen Schluck aus der Flasche.
Verlaine
Wirklich nicht?
Rimbaud
Und deine Frau?
Verlaine
Wie, was ist mit meiner Frau?
Er nimmt einen Schluck aus der Flasche.
Rimbaud
Verlässt du sie jetzt?
Verlaine
Verlassen? Das ist nicht so einfach, wie du dir das vorstellst, schließlich bin ich Vater.
Rimbaud
Vater…aha…und weiter?
Verlaine
Mathilde ist ein nettes, junges Mädchen …
Rimbaud
Und ich? Was ist mit mir?
Verlaine
Und du ... ach, scheiße!
Rimbaud
Lass uns zusammenleben, Paul, ja?
Verlaine
Und wie soll das gehen?
Rimbaud
Du musst sie verlassen, gleich heute noch!
Verlaine
Mathilde wird kaum damit einverstanden sein...
Rimbaud (ihn nachäffend)
Mathilde wird kaum damit einverstanden sein...
Dann musst du ihr die Ohren abbeißen (er beißt ihm ins Ohr), die Nase (in die Nase),
ihr die Zunge herausbeißen,(sie küssen sich),
verstecke Rasierklingen in ihrem Frühstückscroissant,
du musst sie mit Benzin übergießen und anzünden, oder noch besser,
schick ihr eine Briefbombe, hörst du.
Verlaine lacht.
Rimbaud (ernst)
Ich spaße nicht.
Verlaine
Und wovon sollen wir leben?
Weder du noch ich verdienen auch nur irgendeinen Sou mit unserer Schreiberei.
Mein Schwiegervater würde mir den Geldhahn abdrehen und mich kurzerhand auf die Straße setzen,
und dann?
Rimbaud
Geld, scheiß aufs Geld, na und? Ich muss hier auch ausziehen und weiß nicht, wohin.
Verlaine
Wie du musst hier ausziehen?
Rimbaud
Einige Nachbarn haben sich bei meinem Vermieter beschwert,
weil ich immer nackt am Fenster stehen und obszöne Gesten machen würde.
Nun hat mir der Vermieter gekündigt.
Verlaine
Im Ernst?
Rimbaud
Was meinst du, wie entsetzt die alten Schachteln immer gucken,
als hätten sie noch nie einen nackten Mann gesehen.
Verlaine
Und du?
Rimbaud
Ich? Ich mache dann akrobatische Wichsbewegungen oder strecke meinen blanken Arsch zum Fenster hinaus,
diesen Fickvotzen entgegen.
Verlaine (lacht)
Du bist 'ne Sau.
Rimbaud
Das sagst du jetzt?
Vorhin hast du noch ganz anders über meinen Arsch geredet.
Du bist auch so eine verheuchelte ...
Verlaine
Eine verheuchelte was?
Rimbaud
Ne doofe Fickvotze halt.
Verlaine (lacht)
Ich muss jetzt gehen, mein Kleiner. Wir sehen uns heute abend.
Rimbaud
Fickvotze, geh doch, Mösenlecker.
Verlaine kleidet sich an, nimmt einen kräftigen Schluck aus der Flasche und geht.
Rimbaud (ihm nachrufend)
Und bring deine Frau um, hörst du!?